Sonntag, 2. Oktober 2011

Das kleine Landhaus

Das kleine bescheidene "Landhaus" meiner Gastfamilie

Mit Brunnen...


...und von Bäumen gesäumter Einfahrt




Oben auf dem Dachboden wurden während des 2. Weltkrieges Deserteure und Juden versteckt!

 
Buonasera da Modena,
heute melde ich mich mal nicht aus Mailand, sondern aus dem idyllischen Landschlösschen meiner Gastfamilie, das eine halbe Stunde außerhalb von Modena liegt.
Nachdem ich mich eigentlich auf ein freies und noch dazu langes Wochenende gefreut hatte, machte ich mich dann doch am Freitag mit den Großeltern und meinen beiden Mädels auf den Weg aufs Land.
Zugegeben, ich hatte keine wirkliche Vorstellung dessen was mich erwarten könnte.
Ein kleines gemütliches Landhaus mit ein paar Pfirsich- und Apfelbäumen. 
Das typische Bild schwebte mir vor.
Aber mit Sicherheit kein Schloss.
Und das Gebäude aus dem 16. Jahrhundert das auch schon genauso lange in Familienbesitz ist, verdient diese Bezeichnung auch. 
Großes Eisentor, von Bäumen gesäumte Einfahrt. 
Eine breite Treppe, bewacht von steinernen Wachhunden, führt zur großen Eingangstür.
Hinten öffnet sich ein großer, wenn auch erst halb fertiger, Garten.
Halb fertig deswegen, da noch Land dazugekauft und ein Pool in Größe des Stromberger Freibades reingesetzt wurde.
Der Pool ist sehr zu meinem Leidwesen noch nicht fertig, dabei wäre das Wetter ideal. 
So habe ich meinen freien Tag heute damit verbracht im Garten zu sitzen, in einem unglaublich bequemen Schaukelstuhl nebenbei, ein Buch zu lesen und sich darüber zu wundern wie es Anfang Oktober noch 28° sein können.
Doch auch hier macht sich der Herbst gemerkbar.
Es wird früher Dunkel, Laub und Kastanien lösen sich immer wieder raschelnd von den Bäumen 
und Morgens wird es auch schon etwas kühler.
Bei all den schönen Seiten, hat der lange Sommer auch einen entscheidenden Nachteil:
Mücken!
Die schwarz-weiß gestreiften Monster die hier herumschwirren, lassen sogar ihre mutierten Verwandten aus Dunkelstromberg alt aussehen.
Dabei könnte man meinen, dass ich dieses Jahr doch wohl schon genug gestochen worden wäre.
Aber nun wieder zu den schönen Seiten des Wochenendes.
Die eine ist schwarz, haarig, mit einem langen Schwanz und heißt Lily.
Der Labrador der Familie fällt zwar gerne Schuhe an, wird aber dem "Achtung Hund!" - Schild am Tor nicht wirklich gerecht.
Freundlich, verspielt, verfressen, mit der Macke Kies und Steine zu fressen wenn sie sich freut.
Heute war sie aufgrund des San Francesco Feiertages mit dem Rest der Familie in der Kirche. 
Die anderen Seiten lassen sich zusammenfassen in: Dusche, Ruhe und unglaublich leckeres Essen. 
Wie es sich für eine italienische Nonna gehört, ist meine Gastoma wirklich eine hervorragende Köchin.

Was meine Ziele von letzter Woche angeht:
Das mit dem Ubahn-Ticket hat sich erledigt da sich meine Eltern doch dazu entschieden haben, mir mit ihrer Kreditkarte (anders gings nicht) eine Bikemi(diese Mitfahrräder)-Karte zu kaufen. 
Dazu kommen wir zum zweiten Ziel, denn Dienstag hat mein Sprachkurs angefangen, was zur Folge hatte, das ich mich zwei Mal mit der U-Bahn und zwei Mal mit dem Mietrad (Karte meiner Gastmutter) durch den Italienischen Verkehr bis zur Schule durchgeschlagen habe.
Und schon nach der einen Woche bestätigt sich meine Entscheidung in Mailand Fahrrad zu fahren.
Stickige, enge, überfüllte und rostige Ubahnen, verglichen mit frischer Luft, Bewegung und dem ernormen Unterhaltungs- und Abenteuerwert der italienischen Straßen.
Der Sprachkurs ist gut aber sehr anstrengend, da unsere namenlose (sie hat sich nie vorgestellt) Lehrerin nur Italienisch spricht und manchmal zu vergessen scheint, dass wir der "Idiotenkurs" sind, der ja wirklich garnichts kann.
Aber irgendwie lernen wir doch etwas und mit meiner Sitznachbarin, einem Aupair aus einer Mailänder Vorstadt, werden die Stunden doch noch ganz lustig.
Aber es ist erstaunlich wie schnell man wieder in alte Verhaltensmuster zurückfällt.
Man fängt an im Unterricht zu essen und zu trinken wenn einem Langweilig ist, man kritzelt auf seinem Block herum und wartet nur noch darauf, dass die Stunde umgeht. 
Und man muss sich wieder jeden (bzw. 4x die Woche) um halb acht aus dem Bett quälen.
Aber im Großen und Ganzen bin ich doch echt zufrieden mit meiner Situation, besonders nach der Horrorgeschichte eines Aupairs, die wir beim Eisessen am Aco della Pace getroffen haben.
Die Geschichte beinhaltet im groben, absichtlich verschüttete Milch, ein zu teilendes Zimmer mit einem Säugling und einer 2-jährigen, ein Sprachkurs für läppische 700€ den erst die Gastmutter, später aber sie selber bezahlen musste, einen Wecker der um 5 Uhr klingelt, damit sie die Kinder fertigmachen, das Essen kochen die Kinder zur Schule bringen und auf den Rest aufpassen kann.
Während die Naomi Campbell Mutter gerne mal ausrastet mit Büchern wirft, sie beschimpft und sich frühenstens um 16 Uhr mal blicken lässt.
Verständlich wer da geht.
Mit solchen Horrorgeschichten kann ich zum Glück nicht aufwarten (schnell auf Holz klopfen).
Da der Akku meines Laptops langsam schlappmacht und ich nur im Wohnzimmer der Familie W-lan habe, mach ich mal schluss für heute und wünsche allen eine gute Nacht!

Zitat der Woche:
"Ich mein ich hab ja nichts dagegen die Kinder zu kochen!"
Fürsorgliches und liebevolles Aupair

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